Babette Baumann, die Witwe Johann Baumanns (1845-1895), beantragte 1896 den Bau einer Villa. Sie unterschrieb in damals üblichen Weise “Gehorsam! Babette Baumann” - das würde sich mancher Obriger auch heute von seinen Untertanen wünschen.
Amberg 7. Februar 1896
Zum Stadtmagistrate Amberg
Betreff:
Baugesuch der Fabribeseitzers-Witwe Babette Baumann
dahier
Durch den Bauunternehmer Herrn Carl Müller dahier, wurde mir die Mittheilung, daß die Erledigung meines beim hochlöblichen Stadtmagistrate eingegebenen Gesuches, betreffend den Bau eines neuen Wohnhauses auf den von mir so erworbenen Grundstücken am Weg zum Mariahilfberg, deshalb auf Schwierigkeiten stößt, weil von meinem Baugrunde ein Stück, zu einer öffentlichen Straße liegen bleiben soll, daß Projekt zu dieser Straße aber gar nicht ausgearbeitet ist, daß ich daher die Ausarbeitung eines Projekts veranlassen soll.
Da ich das von mir bisher bewohnte Haus in unserem Fabrikwesen bereits in den nächsten Wochen zum Geschäftsbetriebe abtreten und bis zur Fertigstellung meines neuen Wohnhauses im ehemaligen Lehneranwesen (Bemerkung:Das Lehneranwesen lag gegenüber dem Fabrikeingang an der Bahn, Ecke Marienstraße/Mariahilfbergwerg) eine mir nicht zureichende Interimswohnung beziehen muss, welche zum Herbste bereits wieder an einen Offizier, der sich verheiraten will, versprochen ist, bin ich genötiget, den Neubau meines Hauses tunlichst zu beschleunigen. Ich bitte daher mein Baugesuch recht bald zu genehmigen.
Die Durchführung einer Strasse oberhalb des Marienspitales dürfte den bei unseren Arbeitswohnhäusern bestehenden Häuserkomplex, auf sehr grosse Schwierigkeiten stossen und in absehbarere Zeit auch nicht als Bedürfnis erscheinen. Es dürfte daher auch nicht gerechtfertigt erscheinen, dass mir die Beischaffung eines Situationsplanes aus dem die Anlegung, bzw. die Art und Weise der Anlegung der öffentlichen Strasse ersichtlich ist, aufgebürdet wird, nachdem die Beischaffung dieses Planes durch der Gemeinde zusteht.
Der verehrliche Bauauschuß der Stadt und Gemeindevertretung ist gewiß in der Lage, durch Einsichtnahmen des Baugrundstückes an Ort und Stelle zu beurteilen, ob und wo auf die in Aussicht genommene Strasse bei Anlage des neuen Wohnhauses Rücksicht zu nehmen wäre, ich bitte daher weiter noch, es möge der verehrliche Bauausschuß gütigst die Örtlichkeit in Augenschein nehmen, damit die Genehmigung meines Baugesuches recht bald zur Entscheidung kommen kann.
Gelegentlich der Vermessung des von mir erworbenen Grundstückes konstatierte der kgl. Bezirksgeometer, das der von mir erworbene Grund teilweise weit in den Fahrweg hereinreicht, an einer anderen Stelle jedoch hat der Vorbesitzer V?elhorn ein Stück Gemeindebesitz benutzt. Bei Anwesenheit des verehrlichen Bauauschußes könnte man wohl gleichzeitig über den Tausch, der im gemeinsamen Interesse erwünscht sein dürfte, eine Eingiung erzielt werden.
Zum Bau meines Anwesen werden sehr erhebliche Erdarbeiten erforderlich, duch die Aufnehme dieser Arbeiten würde eine Zahl Tagelöhner, welche jetzt erwerblos sind, Verdienst finden, auch diesen grund bitte ich zu berücksichtigen zur baldigen Entscheidung meines Gesuchs
Gehorsam
In einem Vorentwurf sind wieder die Räume eingetragen. Der Vorentwurf ist zum Vergleich des späteren Baus wesentlich kleiner. Manche Einteilung ist einem heute kaum verständlich. Das Badezimmer ist nur vom Arbeitszimmer zu erreichen, das heisst vom Schlafzimmer musste man über den Vorplatz ins Arbeitszimmer und dann ins Badezimmer ?! - Der Vorentwurf wurde vor Einreichung von den Nachbarn unterzeichnet (hier nur der Grundriß).
Das Haus wurde 1896 mit neuen Plänen gebaut. Unterschrieben sind die Pläne von Babette Baumann und Peter Baumann. Peter Baumann war Prokurist der Firma. Vielleicht wurden die Villen vom Privatkonto in der Firma bezahlt. “Architekt David Röhm,sches Bauburreau” ist der Architekt, unterschrieben “Nürnberg, Juli 1896”.
Im Grundriss sind per Bleistift die Funktion der Räume eingezeichnet.
Das Souterrain hatte insgesamt 15 Räumen(259qm), 4 Flurräume(85qm) und 2Treppen zusammen 354qm. Benannt sind nur Kartoffelkeller und 2 Räume für Lebensmittel. Das Souterrain hatte noch kleine
Fensteröffnungen, Öfen werden nicht erwähnt.
Das Erdgeschoß hatte die gleiche Raumanzahl, da die Mauern vom Souterrain aufwärts immer übereinander
gesetzt wurden. Es heisst 192qm Nutzfläche und 154qm Nebenflächen. Als Beheizung ist aufgeführt 1 Herd, 4 Dauerbrenner, 4 Kachelöfen, 1 Gasbadeofen, also 10 Öfen. Die Räume mit den Kachelöfen
waren offensichtlich die besseren Räume. Raum 3 war Speisesaal. Raum 8 neben der Küche wurde Alkoven benannt, das war wahrscheinlich das Bedienstetenzimmer.
Der erste Stock war nicht so gut ausgestattet: 0 Herd, 1 Waschkessel, 1 Gasbadeofen, 5 Dauerbrenner, 1 Kachelofen und 1 Eis?Ofen
Dazu kam noch das Dachgeschoß mit einem ?Meister?zimmer (Kachelofen), 3 Magdzimmer und 1 Knechtzimmer jeweils mit Eis-Ofen (vielleicht Eisen-Ofen).
Alles zusammen ein Haus (ohne Keller gerechnet, der war klein) mit 65 Zimmern, 25 Öfen und etwa 1425 qm (540,64 qm Wohnfläche, 305,61 qm Nutzfläche und 577,66 qm Nebenräume)! Allerdings war das
Verhältnis zwischen Wohn- und Nebenflächen sehr unvorteilhaft im Sinne der Heizung und Pflege. Gerade die Treppen und Flure machen 40% der Gesamtfläche aus. Über die Kosten gibt es keine
Unterlagen.
Der Aufwand zum Heizen muß immens gewesen sein.
Exkurs:Wieviel Kohle wird wohl pro Tag benötigt worden sein ? Ein normaler Kachelofen verbrennt etwa 15kg Holz am Tag. Das würde heissen bei 25 Öfen 370kg Holz/Tag
... Alles wird nicht immer geheizt worden sein und Kohle braucht weniger ... geschätzt 50% - also 150-200kg Brennmaterial wird am Tag rumgeschleppt worden sein. Es gibt aussen noch ein
Nebengebäude, dies diente zum Lagern des Brennmaterials.
Beim Recherchieren habe ich einen Aufsatz des deutschem Museums gelesen: "Das Eisen war in der vorindustriellen Wirtschaft noch kein konjunkturbestimmender Sektor.
Selbst auf dem Höhepunkt des Amberger Erzbergbaus, Ende des 16. Jh., erreichte der Bierausstoß der Amberger Brauer den dreifachen Wert des Amberger Erzverkaufs." [Quelle leider nicht mehr
gefunden]
Das Foto dürfte kurz nach der Errichtung entstanden sein, da die angepflanzten Bäume noch unauffällig sind. Am Toreingang steht die Kutsche.[Archiv v. Erika Baumann]
1914 wurde ein Benzinhäuschen beantragt - wahrscheinlich wurde ein Auto eingesetzt !
1926 beantragt Kommerzienrat Georg Baumann den Umbau eines Türmchens. Man sieht oben die Änderung im Plan. Die Dächer waren anscheinend ein Problempunkt dieser Häuser. [14]
1964 wird eine Ölheizung eingebaut. Die Haushaltshilfe hat mir erzählt, dass bei ihrer Anstellung 1959 bereits eine Zentralheizung eingebaut war.
Vom 6.5.-28.5.1971 erfolgt der Abbruch durch das Werkvolk. Die Kosten wurden auf 70.000 DM geschätzt. Das Grundstück wurde anschließend mit Terrassenhäusern bebaut. [11]