(kursiv dargestellt der Text von Herrn Haußmann[4]) Am 10. November 1972 wurde glanzvoll die 100-Jahrfeier der Firmengründung gefeiert. Der damals anwesende bayerische Ministerpräsident Dr. Alfons Goppel und viele Gäste aus Wirtschaft und Politik würdigten die große Vergangenheit der Firma, ihre Standfestigkeit in Krisenzeiten und ihre Anstrengungen, sich auf dem modernen Mari erfolgreich zu behaupten. Die Zukunft von "Baumann" schien für lange Zeit gesichert!
1972 wurde ein neuer Brennofen erstellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma noch 290 Mitarbeiter; 1974 waren es wieder 340 Beschäftigte.
Die Umsatzsteigerung Anfang der 70ziger Jahre lag in dem besonderen Erfolg einzelner Dekorlinien. Das sehr erfolgreiche Bayr.Blau läuft aus und wird durch die wieder sehr erfolgreichen Dekore Brixen, Innsbruck und insbesondere Tirol (1975 45% des Umsatzes) abgelöst.
Im absoluten Umsatz sieht man den großen Erfolg von Tirol. Während die Sortimente Sanitär und Prima absolut gesehen sich wenig veränderten, haben die Dekorserien relativ kurze Lebenszeiten. Das war ein Problem der 80ziger Jahre, dass keine wirklich gutgehenden Dekore aufgenommen wurden, während die alten erfolgreichen Dekore ausgelaufen sind...
Am 20.4.1970 gab es einen folgenschweren Unfall. Es gibt keine weiteren Unterlagen über das Geschehen.
Am 7.3.1973 brannte es im Kohlenlager:
Am 18.12.1973 besuchte der Stadtrat mit Oberbürgermeister Prechtl die Firma:
Am 10.11.1972 wurde das 100 jährige Firmenjubiläum in der neu errichteten Halle für den neuen Tunnelofen gefeiert. Zur Feier gab es eine besondere Festschrift über die eigene Geschichte. Außerdem wurde eine Gästeliste gedruckt.
Der Ablauf war genau geplant:
“9:45-10:15 Belegschaft nimmt in der Halle Platz
ab 10:30 Eintreffen der Gäste
ab 11:00 Beginn der Vorträge
I. Festvorträge:
1. Kurt Baumann: Begrüßung der Gäste und Vortrag 100 Jahre Gebr. Baumann
2. Werner Baumann: Wo stehen wir heute, wo gehen wir hin
II. Grußworte
1. Ministerpräsident Goppel
2. Oberbürgermeister Prechtl
3. Senator Freiberger, Vorsitzender VBM
4. Schuppener, Vorsitzender Fachabt. emaillierter Blechwaren
5. Riepl, Präsident IHK
III. Schlußworte
1. Rosenblatt, Betriebsratvorsitzender Gruß und Dank der Belegschaft
2. Erhard Baumann: Dabnk an Redner und Schlußwort
Nach dem dem offziellen Teil, ca 12:15 zieht die Knappschaftskapelle ein und wird uns musikalisch bei der bayerischen brotzeit unterhalten.
Die Musik spielt bis 16:30. Das letzte Bier wird um 16:15 ausgegeben.”
Eine Menge Geschenke wurden abgegeben: 28 kleine und große Blumenschalen, 9 Zinnteller und -krüge und ein Kofferradio.
Es gab einen einzigen Misston: Herr krause fühlte sich nicht genügend herausgestellt.
14.12.1974 Feier für 25 Jahre Firmenjubiläum. (mit Namen):
Mein Vater, Werner, hoffte durch die Entwicklung eines emaillierten Schalldämpfers für Autos einen ganz neuen Markt für Baumann zu finden. Durch das email sollten die Schalldämpfer statt 20.000k über 100.000km halten. Einige Förderanträge wurden gestellt und Privatautos wurden zum Testen eingesetzt. Die Idee bestand darin, Deckel und Korpus zusammengesetzt zu emaillieren und durch das Email die Teile zu “verschweißen”. Technisch gab es Probleme, aber letztendlich ist es mehr noch an der schwierigen Vermarktung im Automobilbereich gescheitert. Heute werden die Schalldämpfer aus rostfreien Material hergestellt, durch die einfacherer Verarbeitung ist dies die billigere Lösung für den Korrosionsschutz.
Eine Betriebsversammlung von 1979.(Inhalt unbekannt) Im oberen Bild spricht BR-Vorsitzender Schießl. Links neben ihm sitzen Gewerkschaftsvertreter Donhauser und BR Breitkopf.
1981 kam es zu Streiks. Die AZ vom 22.4.1981 schreibt über Tarifauseinandersetzungen.
1983 Werner Baumann hat in einem Fotoalbum seinen Abschied vom Büro festgehalten. Bildunterschrift: “jetzt wird ausgeräumt”
Im Januar 1982 übernahm Georg III von seinem Vater Werner die Geschäftsanteile. Damit betrat die 4.Generation die Firma. (Unterschrift unter dem Foto: “Der Akt ist vollzogen. Onkel Werner ist als Geschäftsführer im Alter von über 70 Jahren ausgeschieden. Sein Sohn Georg als “techn. Geschäftsführer” eingetreten. Jan 1982”. Ich, Georg, kam direkt von der Uni war bartmäßig noch etwas auffällig!
1982 wurde eine Ausstellung in Theuern eröffnet. Während der Eröffnung gab es Führungen in der Firma.
1982 wurde das Lager im Emailwerk umgestellt auf ein Regallager mit einer Rechneranlage zur Verwaltung der Lagerplätze. Das war meine erste selbst verantwortete Investition. Die Bilder zeigen den alten Zustand und die Anlieferung des Regallagers. Die Töpfe stehen jatzt auf Paletten, die mit einem Gabelstapler, transportiert werden können.
1982 Stand auf der Hannovermesse.
Haußmann: Die Situation der Firma war zu dieser Zeit äußerst angespannt! Es gab 1984 in der Bundesrepublik 180 Firmen, die emaillierte Artikel herstellten, darunter 15 Stahlgeschirrwerke, die jährlich etwa 13 Millionen emaillierte Topfe und Pfannen erzeugten. Vor allem auch die zunehmende Konkurrenz von Haushaltsgeschirr aus neuen Materialien (rostfreier Stahl, Kunststoff) erschwerten den Absatz!
Die Sorgen über die Zukunft waren groß. Der Gedanke zu liquidieren wurde angesprochen, aber letztendlich nicht ernsthaft diskutiert. Die Verzweiflung ist an dem Memo von 1983 abzulesen.
Die Vereinsbank verlangte die Konzentration auf einen Geschäftsführer - Ihrer Ansicht nach waren (leider zu recht!) 3 Eigentumsfamilien zu viel. Am 3.2.1984 fand im Hauptbüro eine Besprechung statt, wie diese Frage gelöst werden könnte. Letztendlich wurde beschlossen, dass Erhard und ich gegen eine Abfindung ausscheiden. Die Höhe der Abfindung war natürlich umstritten, da die Firma an sich keinen Wert darstellte, die Immobilien allerdings schon (die spätere Vergleichsquote von 100% zeigt dies auch). Allerdings haben wir uns nicht auf einen festen Betrag geeinigt, sondern einen Gutachter eingesetzt. Mein Anwalt meinte: “sie werden Steine statt Brot ernten” - so kam es dann auch. Der Gutachter machte eine Gefälligkeitsgutachten, die im Vergleich des Prozesses gefundene Abfindung von etwa 200 TDM wurden durch die Prozesskosten mit den Anwaltsgebühren fast vollständig aufgebraucht.
Ab diesem Tag konnte ich die Firma nicht mehr betreten und bekam natürlich keine Unterlagen mehr.
Die folgenden Diagramme beruhen auf den Bilanzen 1962-66 und 1974-81 und einigen Abrechnungsunterlagen. Der Umsatz der Firma hat sich besonders in den Jahren 1967-1975 entwickelt. Nach 1975 ist der Umsatz unter Berücksichtigung der Geldentwertung gefallen. Um 1970 wurden etwa 1.3 Mio Stück pro Jahr produziert.
Die Entwicklung der Beschäftigtenzahl ist in der Gegenüberstellung zu den Lohnkosten interessant. 1966 betragen die Lohnkosten 7,43 TDM/Kopf und 1976 18,67TDM/Kopf - also in 10 Jahren haben sich die Lohnkosten um 151% erhöht! Das deckt sich mit der Statistik für Lohnkosten der Bundesbank, dort wird 145% angegeben. Allein 1970 wird die Lohnkostensteigerung mit 16% angegeben.
Die Produktivität ist sicher gestiegen, immer weniger Personen waren für die Produktion notwendig. Die Beschäftigtenzahl 1972 und 1974 nennt Haussmann, vielleicht sind es etwas übertriebene veröffentlichte Zahlen. Die Zahlen 1976 bis 1982 kommen aus einer internen Produktionsaufstellung 1976-1982. Bei der Insolvenz 1987 gab es noch 113 Beschäftigte.
Der Anteil der Lohnkosten ist laufend gestiegen. Der Deckungsbeitrag für die Allgemeinkosten, also die Rohmarge (Umsatz minus Materialkosten und Lohnkosten), ist immer kleiner geworden. Das heisst es bliebt immer weniger Geld übrig um die allgemeinen Kosten (Unterhaltung der Fabik, Werbung, Energie usw.) zu decken.
Die Entwicklung der Verbindlichkeiten offenbart das Drama. 1965 sind keine Bankschulden ausgewiesen, dafür ein ungewöhnlich großer Betrag Anzahlungen. 1965 wurde auch das Grundstück Lindenviertel verkauft. Vermutlich hängt das zusammen. Während die Verschuldung bis 1970 im Rahmen blieb, ist sie anschliessend unaufhaltsam gestiegen. 1972 wurde in neues Emaillierwerk mit Ofen investiert, die erklärt den sprunghaften Anstieg 1972. 1975 wurden für 612 TDM und 1976 für 517 TDM Grundstücke verkauft. Nach 1980 waren die Bankverbindlichkeiten nicht mehr zurückzuführen, da der Zins 1981 bereits 555 TDM betrug.
Der Umsatz hat sich zwischen 1968 und 1974 fast verdoppelt. Damit werden mehr Betriebsmittel benötigt, die für die Dauer der Produktion vorfinanziert werden müssen. Daher steigen die Bankverbindlichkeiten, obwohl wahrscheinlich Gewinne ausgewiesen wurden.
Die Höhe des Gewinns hängt auch sehr von der Bewertung der bereits gefertigten Artikel im Magazin abhängig. Für 1981 ist der Wert für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Fertigwaren und Rohwaren mit 4.2 Mio DM ausgewiesen. Dahinter steht aber die Frage wie sind die Waren (insbesondere Fertigwaren) bewertet? Wurden Auslaufserien mit Abschlag bewertet? Wird der Bestand mit Verkaufspreis oder mit Herstellungspreis bewertet? Spätestens 1979 waren die Verluste so groß, daß sie mit Bewertungen nicht mehr ausgeglichen werden konnten.
Haussmann: “Am 6.6.1986 wurde der Konkurs angemeldet! 113 Beschäftigte der Firma Baumann waren arbeitslos geworden.
Bereits für das Jahr 1987 war der Abbruch aller Fabrikgebäude vorgesehen. Rettungsversuche, das Firmengelände ganz oder teilweise als Industriedenkmal zu erhalten, scheiterten am geringen
Interesse des Denkmalschutzamtes.
Am 9.1.1987 wurde die Abbruchgenehmigung erteilt, und im Februar 1987 wurde mit den Abbrucharbeiten begonnen. Heute erinnert nichts mehr an die große Vergangenheit auf dem ehemaligen Firmengelände. Nicht ein Ziegelstein ist geblieben vom einstmals größten Industriebetrieb der Oberpfalz, der in seinen Glanzzeiten für weltweites Aufsehen gesorgt hatte!”
Ekkehart Winkler war der Konkursverwalter. Durch den Verkauf der Immobilien erreichte er am Ende eine 100% Deckungsquote.