1872 - 1878

Stichpunkte:

  • 20.8.1872 Gründung der Firma “Johann Baumann’s Witwe” durch die Brüder Christian, Georg und Johann, Konrad wird Kaufmann
  • 1874 Errichtung der ersten Dampfmaschine
  • 1877 Beginn des Verkaufs von emaillierten Artikeln.

 

Am 2. April 1872 wurde das Denglersche Anwesen für 14.000 Gulden gekauft. Die Mutter Katharina nahm schon 1866 eine Hypothek von 2.000 Gulden auf - das spricht dafür, dass sie nicht sehr vermögend war. Spätere Rückzahlungen deuten daraufhin, dass viel Mittel von den Verwandten in Wunsiedel geliehen wurde.

Unten ist der Stadt-Plan von 1902. Die Firma war begrenzt von der “Vorderen “ (=Jahnstr.) und “Hinteren Fabrikstrasse”(=Pfistermeisterstr.).

Mayerhofer schreibt dazu eine Anekdote:” Dieser Kauf war ein sehr glücklicher Griff, denn am Nachmittag des gleichen Tages kamen zu Dengler auch Abgesandte des bayerischen Staates, die es für die königl. Gewehrfabrik kaufen wollten; sie mußten aber unverrichteter Dinge abziehen, da das Anwesen schon am Vormittag verbrieft war.”

Ausschnitt des Stadtplans mit dem Umriss des Denglerschen Grundstücks.

die "vordere Fabrikstr" ist die heutige Jahnstraße und die "hintere Fabrikstraße" ist die heutige "Emailfabrikstraße". Die heutige Marienstraße wiederum hieß damals "Hintere Bahnhofstr" und endete an der Jahnstraße.

Stadtplan 1902

Für die Amberger: das Dreifaltigkeitsviertel ist noch unbebaute Wiese. Die Gewehrfabrik (heutige Deprag) ist ebenfalls recht groß. Gefängnis, Schlachthof, Bahnhof, Marienspital gab es schon. Am allergrößten war die Infantriekaserne (heutige FH) - das Areal ging bis zur Fleurystrasse. Das “königl. Hum.Gymnasium” befand sich im Maltesergebäude. Die Strassennamen haben sich deutlich geändert: Prinzregentenstrasse (=heute Bahnhofstr.), Obere hintere Bahnhofstr. (Gabelsbergerstr.).

 

Erny (zweite Frau von Georg I) schreibt in Ihren Erinnerungen: Da in Wunsiedel keine Bahn zur Beförderung der Waren war u. sein Bruder Christian schon nach Amberg übergesiedelt war, um sich besser rühren zu können, so zog ihn Georg mit der Mutter u. dem väterlichen Geschäft nach u. sie traten dann in Amberg zusammen, die ihn jetzige Fabrik zu gründen..Sein Bruder Hans war damals beim Militär, aber Georg bestimmte gleich seinen Bruder Christian auch den Bruder Hans mitzunehmen, wenn er vom Militär zurückkommt. Wie mir Georg erzählte, war besonders sein Bruder Christian sehr tüchtig als Bauherr, Bruder Hans für's Schriftliche u. er übernahm das (Werk), das ja noch bis zu seinen letzten Jahren sein Schoßkind war.

 

Am 20. August 1872 meldeten die Brüder Christian, Georg und Johann Ihr Gewerbe an: “Firma Johann Baumann’s Witwe - die Fabrikation von schwarzen und verzinnten Blechwaaren - 30 Gehilfen”. Der Bruder Peter konnte wohl kein Handwerker werden, da er körperlich eine Krankheit hatte. "Der Bruder Peter war zum Teil gelähmt u konnte nur sich wenig bewegen." [Tagebuch Erny B] Er erbte später gleichteilig von Katharina, aufgrund seines Gebrechens erhält er aber vorab 2.500fl aus dem Erbe. Bei den Gebrüder Baumann übernahm er die Verwaltung und stand der Firma loyal zur Seite. In einem IHK-Artikel von 1914 heisst es: “Etwas später trat den Gründern ein weiterer Bruder, Peter Baumann, ein Mann von strengen Grundsätzen und außerordentlicher Begabung, mit der Übernahme der kaufmännischen Leitung tatkräftig zur Seite”.

 

Quelle Stadtmuseum 1881: “war 1872 Mitgründer der Firma Baumann, trat jedoch in den 1880er Jahren als Teilhaber aus und war dann als Prokurist tätig.” Dagegen spricht das Testament von Katharina, da dort Peter nicht mit einer Einlage aufgeführt ist.

 

Die Beschäftigten konnten nicht in Amberg gefunden werden, da die königlich-bayerische Gewehrfabrik einen hohen Arbeitskräftebedarf hatte. Daher rekrutierten die Baumanns Personal von auswärts aus dem 100km entfernten Wunsiedel und lernten sie an. In Wunsiedel war der Berufszweig der Strumpfwirker durch die englische Textilindustrie bedroht.

Es wurde ein Arbeitsgebäude mit einem großen Arbeitssaal errichtet. Darum gruppierten sich das Wohngebäude der Familie (vorn doppelstöckig), Waschhaus, Stall, Beizerei, Schuppen und Remise. Die Produktion konnte effektiver gestaltet werden, war aber immer noch eine Manufaktur (weitgehende Arbeitsteilung, aber Handarbeit). Unter Fabrik verstand man damals eine zentral gelegene Arbeitsstätte. In dem Saal waren rechts die Spengler und links die Schmieden und in der Mitte ein Schwungrad für Handbetrieb. Situation 1876:

Stand 1876

Es gibt noch ein zweites Bild von 1876. Dieses Bild ist emailliert und hängt im Museum Theuern. Der Zeitpunkt der beiden Pläne erscheint identisch zu sein.

Plan 1877 [Stadtarchiv Amberg]

Das sind die Söhne der Katharina Baumann. Das Bild könnte etwa 1880 entstanden sein und ist das erste gemeinsame Foto.

Die Beschriftung ist unzuverlässig:

Christian 43,  Konrad ? und Erhard 45

Georg 37, Johann 35 und Peter 28

 

 

Die Rückseite hat Erny (die zweite Frau von Georg I) beschriftet.

Transskription:
Erny Baumann
mein Mann Georg Baumann
mit seinen fünf Brüdern in jungen Jahren
sitzend von links Christian / Konrad / Erhard
dahinter Georg - Hans, Peter (?nicht lesbar?)

"Wo ist Andreas?" (Schrift von Elisabeth, Enkel des Georg I) ist leicht zu beantworten, er starb 1871 in Amberg.

Auf diesem Bild sollen die fünf Brüder des Georg Baumann abgebildet sein. Auf der Rückseite hat Erny (die zweite Frau von Georg) geschrieben: (muss stehend gemeint sein)von links: Georg (1843-1913) ist gut erkennbar, Christian (1837-1892), Hans (=Johann 1845-1895), Konrad (ist ein Cousin), Erhard (1835-?), Peter (1852-1906). 
Die Beschriftung von Erny ist rätselhaft, zunächst verwechselt sie die Reihen. Außerdem passen die Bilder nicht mit den Fotos aus der Gallerie zusammen, Christian sieht dort gänzlich anders aus! Man kaum auch kaum glauben, dass Hans  7 Jahre älter als Peter sein soll. Erny hat Georg I um 1900 kennengelernt, sie hat also Johann und Christian nicht gekannt.
Inzwischen ist ein zweiter Abdruck dieses Bildes aufgetauscht, aber leider ohne Beschriftung.

Johann (1845-1895)

Christian Baumann (1837-1892)

Konrad ist der Sohn von Dorothea, sie ist eine Schwester von Johann. Diese Linie ist in Kulmbach, auch als Blechverarbeiter, ansässig geworden. Konrad war vielleicht zur Ausbildung in Amberg. Es gibt noch ein anderes Bild von Konrad:

Konrad sitzt inder Mitte
(Quelle des Bildes nicht mehr bekannt)

1872 gab es auch eine Preisliste “Preiscourant”. Die Kunden haben sich aber nicht recht daran gehalten (Gradner aus Neunstadt an der W. 29.1.1873):
“Senden sie mir bitte 2 Satz Häffen und Schüßln von die kleinsten angefangen so mittlere 14 bis 15 Zoll braucht man die meisten und auch ein paar größere, brauche sie aber bald.”
Es wurden Gefäße bestellt nach Liter-, Zoll-, Zentimeter-Angaben, nach “Bayerischem Maß” oder “Leipziger Maß” - oder ganz ohne Maßangabe “gerade Häfen mit 2 Griff nicht so hoch mehr weit”. Der Preis wurde per kg angegeben.

1873 erfolgte von Bismark die Einführung der Mark im Münzgesetz als neues allgemeines Zahlungsmittel.

Im Mai 1874 wurde der Magistrat der Stadt um Genehmigung eines Dampfkessel zum Betrieb einer Dampfmaschine gebeten.1877 wurde die erste Dampfmaschine aufgestellt. Sie verfügte über 2 PS und verbrauchte 3 Zentner Steinkohle am Tag.